Donnerstag, 6. Mai 2010

Iran-Quiz


Der kanadische Professor Jeffrey Rudolph versucht mit wichtigen Klarstellungen in sei­nem "Iran-Quiz" die Verleumdungskampagne zu kontern, die seit Monaten von allen Main­stream-Medien gegen den Iran inszeniert wird.

Gibt es möglicherweise eine Rechtfertigung für das erbarmungslose Trommelfeuer der US-Diplomatie und der Mainstream-Medien auf den Iran?

Die Behauptung, der Iran sei ein aggressiver Staat, der seine Nachbarn gefährde, ist nicht durch Fakten zu belegen. Die Anwürfe lassen sich auch nicht damit erklären, dass der Iran am islamischen Fundamentalismus festhält, eine mangelhafte Demokratie hat und den Frauen die vollen westlichen Bürgerrechte verweigert, weil Saudi-Arabien noch fundamen­talistischer und undemokratischer ist, die Frauen noch stärker unterdrückt und trotzdem mit den USA verbündet ist. Es kann auch nicht daran hängen, dass der Iran seit Jahren ein Atomforschungs-Programm betreibt und wahrscheinlich auch die Fähigkeit zum Bau von Atomwaffen anstrebt, denn Pakistan, Indien, Israel und andere Staaten besitzen auch Atomwaffen und sind den USA trotzdem als Verbündete willkommen - obwohl Israel die USA getäuscht hat, als es Atomwaffen entwickelte.

Auf die oben gestellte Frage gibt es ganz offensichtlich nur eine Antwort: Der Iran muss bestraft werden, weil er es wagt, sich der Kontrolle durch die USA zu entziehen. Seit der Islamischen Revolution im Jahr 1979, als der Schah entthront wurde, versucht der Iran un­abhängig zu handeln - ganz anders, als zum Beispiel Saudi-Arabien - und stellt dadurch die Macht der USA auf zweierlei Art in Frage: 1. Die Missachtung des Diktats der USA ge­fährdet das Erreichen der in Bezug auf den Iran verfolgten US-Ziele, und 2. der Wider-stand gegen das Diktat der USA ist (aus deren Sicht) ein "schlechtes" Beispiel für andere Länder, die auch einen unabhängigen Kurs verfolgen möchten. Der Schah konnte sich alle möglichen Verfehlungen leisten - zum Beispiel die unter seinem Regime weit verbreitete Folter - denn seine Loyalität gegenüber den USA schützte ihn vor US-Angriffen; sie schützte ihn aber nicht vor der Verachtung der Mehrheit der Iraner, die ihn ja dann auch stürzten.

Das folgende Quiz ist ein Versuch, mehr Objektivität in die in den Mainstream-Medien ge­führte (einseitige) Diskussion über den Iran zu bringen.

Quiz-Fragen (und Antworten) zum Iran:

(Um den Lesern ein ständiges Hin und Her zu ersparen, haben wir die im Originaltext erst nach allen Fragen abgedruckten Antworten den jeweiligen Fragen direkt zugeordnet.)

1. Ist der Iran ein arabisches Land?

Antwort: Nein. Von allen Völkern im Mittleren Osten, die von den Arabern unterworfen wurden, haben nur die Iraner (oder Perser) ihre Sprache und ihre Identität bewahrt. Die iranische Bevölkerung besteht zu 60 Prozent aus Persern, und ein modernes Persisch (Farsi, nicht Arabisch) ist die offizielle Sprache; der Iran ist kein Mitglied der Arabischen Liga, und die meisten Iraner sind schiitische Muslime, während die meisten Araber sunniti­sche Muslime sind. Wegen seiner Sprache, seiner Herkunft und seiner Religion ist der Iran kein arabisches Land. (s. http://www.slate.com/id/1008394/ )

2. Hat der Iran seit dem Jahr 1900 einen aggressiven Eroberungskrieg gegen ein an­deres Land geführt?

Antwort: Nein. Nach Juan Cole, der Professor für Geschichte am Richard P. Mitchell- Kolleg der University of Michigan ist, hat der Iran seit mindestens 150 Jahren keinen der­artigen Krieg begonnen. (s. Juan Cole, Engaging the Muslim World, Verlag Palgrave Mac­millan; New York, 2009, S.199)

Es sollte auch gewürdigt werden, dass der Iran nicht den Krieg zwischen dem Irak und dem Iran in den 1980er Jahren angefangen hat. "Der Krieg begann mit einem Überfall des Iraks auf den Iran, der am 22. September 1980 mit gleichzeitigen Angriffen aus der Luft und auf dem Boden erfolgte; vorausgegangen waren jahrelange Grenzstreitigkeiten und die Befürchtung eines Aufstands der lange unterdrückter schiitischer Mehrheit der iraki­schen Bevölkerung durch den Einfluss der Iranischen Revolution. Der Irak wollte mit die­sem Krieg den Iran als führende Macht am Persischen Golf ablösen." (s. dazu http://en.wi­kipedia.org/wiki/Iran%E2%80%93Iraq War und http://de.wikipedia.org/wiki/Erster Golf­krieg )

3. Wie viele Bombenanschläge iranischer Selbstmordattentäter sind von 1989 bis 2007 bekannt geworden?

Antwort: Null. Seit dem Ende des Krieges zwischen dem Irak und dem Iran im Jahr 1988 hat es keinen einzigen Anschlag eines iranischen Selbstmordattentäters gegeben. (Robert Baer: The Devil We Know: Dealing with the New Iranian Superpower, Crown Publishers, New York, 2008)

Nach Baer, einem amerikanischer Autor, der früher als CIA-Agent im Mittleren Osten tätig war, ist es wichtig zu wissen, dass der Iran (im Krieg mit dem Irak) Selbstmordattentäter nur als "gelenkte Bomben" eingesetzt hat. Tatsächlich gibt es kaum einen Unterschied zwischen einem so geopferten Selbstmordattentäter und einem Marineinfanteristen, der ein Maschinengewehrnest aushebt, obwohl er weiß, dass er dabei sterben wird. Während der Iran Selbstmordattentäter nur für taktische militärischen Zwecke eingesetzt hat, richten sunnitische Extremisten ihre Selbstmordattentate vor allem gegen zivile Ziele, um den Feind zu schwächen oder Unreine zu beseitigen.

4. Wie viel hat der Iran im Jahr 2008 für seine Verteidigung ausgegeben?

Antwort: 9,6 Mi lliarden Dollar (s. dazu http://www.informationclearinghouse.info/artic­le25279.htm )

5. Was haben die USA im Jahr 2008 für Verteidigung ausgegeben?

Antwort: 692 M illiarden Dollar (s. dazu http://www.informationclearinghouse.info/artic­le25279.htm )

Es bestehen auch kaum Zweifel daran, dass Israel den Iran in einem konventionellen Krieg in wenigen Stunden besiegen könnte. (s. Juan Cole: Engaging the Muslim World, Verlag Palgrave Macmillan; New York, 2009, S. 206/7)

6. Wie ergeht es den Juden im Iran?

Antwort: Im Iran leben 25.000 Juden. Es ist eine der vielen Paradoxien in der Islamischen Republik Iran, dass dieser antiisraelische Staat den bei weitem größten jüdischen Bevöl­kerungsanteil aller muslimischen Länder hat. Nach der Islamischen Revolution im Jahr 1979 reisten Tausende von Juden nach Israel, Westeuropa oder in die USA aus, weil sie fürchteten, verfolgt zu werden. Aber Ayatollah Chomeini, der erste höchste Führer des Irans erließ nach seiner Rückkehr aus dem Exil in Paris eine Fatwa (eine religiös begrün­dete Anordnung), die bestimmte, dass die Juden und andere religiöse Minderheiten ge­schützt werden sollten; danach wanderten nur noch sehr wenige Juden aus. (s. http://ww­w.sephardicstudies.org/iran.html )

7. Welcher iranische Führer hat Folgendes gesagt? "This [Israel's] Occupation re­gime over Jerusalem must vanish from the page of time." (Dieses israelische Besat­zungsregime über Jerusalem muss im Lauf der Zeit verschwinden.)

Antwort: Ruhollah Chomeini (s. Juan Cole: Engaging the Muslim World, Verlag Palgrave Macmillan; New York, 2009, S. 201)

Diese Erklärung des Führers der Iranischen Revolution von 1979 war keine Überraschung, weil Israel ein enger Verbündeter sowohl der USA als auch des Schahs war.

Nach Cole hat Ahmadinedschad im Jahr 2005 diese Erklärung nur wiederholt, eine Nach­richtenagentur hat dann aber folgende falsche englische Übersetzung der Chomeini-Erklä­rung verbreitet: "Israel must be wiped off the face of the map." (Israel muss von der Vor­derseite der Landkarte gewischt werden.) Chomeini hatte also nur von dem Besatzungsre­gime und nicht von (dem Staat) Israel gesprochen; er hat sich nur das Verschwinden des (Besatzungs-)Regimes gewünscht, aber keine Drohung gegen (den Staat) Israel ausge­stoßen. Tatsächlich kann ein Regime auch ohne äußere Einwirkung untergehen, wie das Schah-Regime im Iran oder die UDSSR. Es ist doch bemerkenswert, dass kein internatio­naler Aufschrei erfolgte, als Chomeini diese Erklärung im Jahr 1979 abgab. Anfang der 1980er Jahre ließ Chomeini Israel sogar noch mit Erdöl beliefern, als Gegenleistung für amerikanische Ersatzteile für iranische Waffen, die (unter dem Schah) in den USA gekauft worden waren. Da sowohl der Iran als auch Israel den Irak Saddams als gefährlichen Feind betrachteten, gingen sie in der Anfangsphase des Krieges zwischen dem Irak und dem Iran sogar eine stillschweigende Allianz ein. Es sollte auch zur Kenntnis genommen werden, dass Ahmadinedschad anschließend erklärte, er wolle keinen einzigen Juden tö­ten, sehe aber nur in einem gemeinsamen Staat die Möglichkeit, den israelisch-palästinen­sischen Konflikt beizulegen. Ahmadinedschads Lösungsvorschlag hat wohl keine Chance, aber Israels Weigerung, ernsthaft über einen dauerhaften Frieden zu verhandeln, kommt den arabischen Hardlinern entgegen, die keinen an den Realitäten orientierten Friedens­schluss mit Israel wollen.

8. Wahr oder unwahr? Das iranische Fernsehen strahlte während der ersten Amts­zeit des Präsidenten Ahmadinedschad eine Sendereihe über den Holocaust aus, die Mitgefühl mit den Juden weckte.

Antwort: Wahr. Das iranisches Fernsehen sendete eine viel beachtete Reihe über den Holocaust mit dem Titel "Zero Degree Turn" (Null Grad Umdrehung), die auf wahren Be­richten über die Rolle beruhte, die persische Diplomaten im Zweiten Weltkrieg in Europa bei der Rettung tausender Juden spielten (s. http://www.youtube.com/watch?v=eJl­jqWQAqCI&feature=related )

9. Wie viel Prozent der Studierenden an den iranischen Universitäten sind Frauen?

Antwort: Mehr als 60 Prozent (s. M. Axworthy: A History of Iran: Empire of the Mind, Ba­sic Books, New York, 2008)

Viele Frauen - sogar verheiratete - sind berufstätig.

10. Wie viel Prozent der iranischen Bevölkerung nehmen an den Freitagsgebeten tei l?

Antwort: 1,4 Prozent (s. M. Axworthy: A History of Iran: Empire of the Mind, Basic Books, New York, 2008)

11. Wahr oder unwahr? Der Iran hat im Jahr 2002 dem Friedensangebot der Arabi­schen Liga an Israel offiziell zugestimmt.

Antwort: Wahr. Im März 2002 beschloss der Gipfel der Arabischen Liga in Beirut einstim­mig eine Friedensinitiative, in der nicht nur die Anerkennung des Staates Israel, sondern auch die Aufnahme normaler diplomatischer Beziehungen angeboten wurde, sobald Israel die international anerkannten Bedingungen für einen umfassenden Frieden akzeptiert, zu denen der Rückzug Israels aus allen besetzten Gebieten und eine gerechte Lösung des palästinensischen Fl üchtlingsproblems gehören. Dieses Friedensangebot wurde seither mehrfach wiederholt, zuletzt im März 2009 auf dem Gipfel der Arabischen Liga in Doha. Alle 57 Mitglieder der Organisation der Islamischen Konferenz, einschließlich des Irans, "unterstützen die arabische Friedensinitiative zur Lösung des Palästinenser-Problems und anderer Probleme im Mittleren Osten ... und haben beschlossen, alle Möglichkeiten zu nutzen, um dieser Initiative zu einem vollen Erfolg zu verhelfen und internationale Unter­stützung für ihre Durchsetzung zu gewinnen." (s. Norman G. Finkelstein: This Time We Went Too Far: Truth and Consequences of the Gaza Invasio, OR Books, New York, 2010, S. 42.)

12. Welche beiden Staaten waren für den 1953 inszenierten Sturz der populären ira­nischen Regierung des demokratisch gewählten Premierministers Mohammad Mossadegh verantwortlich, weil sie die von ihm beabsichtigte Verstaatlichung der iranischen Ölvorkommen verhindern wollten?

Antwort: Die USA und Großbritannien. (s. Stephen Kinzer: All The Shah's Men: An Ameri­can Coup and the Roots of Middle East Terror, John Wiley & Sons, Inc., New Jersey, 2008)

Nach Kinzer waren die Iraner verärgert, weil die in britischem Besitz befindliche anglo-ira­nische Ölfirma AIOC ihre Gewinne aus dem iranischem Erdöl nicht ehrlich mit dem Iran teilte; daraufhin versuchte das Majlis, das iranische Parlament, mit der AIOC die Vertei­lung neu auszuhandeln. Als die AIOC die Neuverhandlung zurückwies, brachte Mossa­degh das Verstaatlichungsgesetz ein. Als Antwort organisierten Großbritannien und die USA einen globalen Boykott gegen den Iran, der die iranische Wirtschaft ins Chaos stürz­te. Später wurde ein militärische Staatsstreich inszeniert, der den Schah an die Macht brachte. Es ist eine Ironie der Geschichte, dass Großbritannien selbst in den 1940er und 1 950er Jahren mehrere I ndustriezweige verstaatl ichte.

13. Wer machte am 17. März 2000 folgende Aussage? "1953 spielten die USA eine wichtige Rolle beim des Sturz populären iranischen Premierministers Mohammad Mossadegh. Die Eisenhower-Regierung glaubte, ihre Einmischung sei aus strategischen Gründen gerechtfertigt. Der Coup war aber ein deutlicher Rückschlag für die politische Entwicklung des Irans. Und es ist leicht einzusehen, warum viele Iraner den USA dieses Eingreifen in ihre inneren Angelegenheiten auch heute noch übel­nehmen."

Antwort: Madeleine Albright, die von 1997-2001 Außenministerin der USA war (s. Ste­phen Kinzer: All The Shah's Men: An American Coup and the Roots of Middle East Terror, John Wiley & Sons, Inc., New Jersey, 2008, S. 212)

14. Welche Staaten haben den SAVAK, die brutale Geheimpolizei des Schahs, aus­gebildet?

Antwort: William Blum, ein angesehener US-Autor und Journalist, schrieb darüber: "Der berüchtigte iranische Geheimdienst SAVAK, der routinemäßig folterte, wurde unter Leitung der CIA und des israelischen Geheimdienstes in den 1950er Jahren geschaffen. Nach Aussage des früher mit dem Iran befassten CIA-Analysten Jesse J. Blatt wurden Agenten des SAVAK von der CIA in Foltertechniken unterwiesen. Nach der 1979er Revolution fan-den die Iraner einen Film über das Foltern von Frauen, den die CIA für den SAVAK ange­fertigt hatte." (s. http://www.thirdworldtraveler.com/Blum/Torture RS. html )

Darius Rejali, der Professor am Reed College und einer der führenden Experten der Welt für die Folter und ihre Folgen für die moderne Gesellschaft ist, schrieb darüber: "Die Irani­sche Revolution von 1978/79 war eine Revolution gegen die Folter. Als der Schah Cho­meini als einen schwarzgekleideten islamischen Zurückgebliebenen aus dem Mittelalter kritisierte, antwortete Chomeini: "Seht euch den an, der das sagt, das ist der Mann, der foltern lässt." Mit dieser starken Erwiderung hat er die Menschen bis heute für sich gewon­nen. Sie schlossen sich der revolutionären Opposition vor allem wegen der Brutalität des Schahs an, und sie erinnern sich immer noch daran, wer ihm die Macht verschaffte. Wenn irgendjemand wissen will, warum die Iraner die USA hassen, muss er nur fragen, wer die Folter in den Iran gebracht hat. Die Folter hat nicht nur die Revolution verursacht, sie hat auch die Beziehungen des Irans zum Westen vergiftet. Warum sollten die Iraner dem Westen wieder vertrauen? Die iranische Führung tut es jedenfalls nicht." ( s. http://ww­w.harpers.org/archive/2008/02/hbc-90002387 )

15. Hat der Iran Atomwaffen?

Antwort: Nein. "Wir nehmen mit hoher Wahrscheinlichkeit an, dass Teheran im Herbst 2003 sein Atomwaffen-Programm eingestellt hat." ... "Wir nehmen mit hoher Wahrschein­lichkeit an, dass der Iran vor 2015 nicht über die technischen Fähigkeiten verfügen wird, die zur Produktion und zur Wiederaufbereitung von genügend Plutonium für den Bau einer Atomwaffe notwendig sind. (U.S. National Intelligence Estimate Iran: Nuclear Intentions and Capabilities, November 200, s. http://www.dni.gov/press_releases/20071203_relea­se.pdf )

Lt. Gen. (Generalleutnant) Ronald Burgess, der Chef der U.S. Defense Intelligenc Agency (des US-Militärgeheimdienstes) sagte (am 15. Januar 2010): "Die grundlegenden Bewer­tungen aus der National Intelligence Estimate Iran (aus der gemeinsamen Einschätzung aller US-Geheimdienste zum Iran ) treffen immer noch zu. ... Es gibt keine Anzeichen da­für, dass sich die (iranische) Regierung für ein neues Atomwaffen-Programm entschieden hat." (s. http://www.globalsecuritynewswire.org/gsn/nw_20100115_1438.php )

16. Hat der Iran den Nuclear Non-Proliferation Treaty / NPT (den Vertrag über die Nichtverbreitung von Kernwaffen) unterzeichnet?

Antwort: Ja ( s. http://www.nytimes.com/aponline/2010/04/18/world/AP-ML-Iran.html )

17. Hat Israel den NPT unterzeichnet?

Antwort: Nein (s. (http://www.nytimes.com/aponline/20 10/04/1 8/world/AP-M L-I ran. html )

18. Gestattet der NPT einem Unterzeichnerstaat, ein Atomprogramm zu haben?

Antwort: Ja. Juan Cole sagt dazu: Der NPT legt fest. "Dieser Vertrag ist nicht so auszule­gen, als werde dadurch das unveräußerliche Recht aller Vertragsparteien beeinträchtigt, unter Wahrung der Gleichbehandlung und in Übereinstimmung mit den Artikeln I und II die Erforschung, Erzeugung und Verwendung der Kernenergie für friedliche Zwecke zu entwi­ckeln." (Der Originaltext wurde zitiert nach http://www.auswaertiges-amt.de/diplo/de/Aus­senpol itik/Themen/Abruestung/Downloads/NVV/NVV. pdf.) Deshalb nimmt der Iran, so lan­ge er seinen durch Unterzeichnung des NPT eingegangenen Verpflichtungen nachkommt und Inspektionen der International Atomic Energy Agency / IAEA zulässt, nur seine Recht wahr. Die Art von Forschungseinrichtungen, die der Iran betreibt, sind in industrialisierten Ländern üblich. Die wirklichen Probleme sind Vertrauen und Transparenz und nicht nur technologisch bedingt. Der Iran hat seine nach dem NPT eingegangenen Verpflichtungen allerdings nicht immer erfüllt.

Die Ford-Regierung hat Mitte der 1970er Jahre ein Memorandum verfasst, in dem festge­stellt wurde, dass sich das Schah-Regime auf die Zeit ... "vorbereiten muss, wenn die ira­nische Erdölgewinnung erwartungsgemäß stark absinkt". Weil der Iran große Ölreserven hat, waren die Befürchtungen damals unberechtigt. Aber der Iran verbraucht heute bereits 2 Millionen der pro Tag geförderten 4 Millionen Barrels selbst, und er könnte deshalb in re­lativ naher Zukunft vom Erdöl-Exporteur zum Importeur werden. Das erklärt auch, warum sich der Iran um die Nutzung der Kernenergie bemüht. Aber auch der Wunsch, Atomwaf­fen zu besitzen, ist nicht ganz auszuschließen. (US-Präsident) Ford hat auch den Bau ei­ner Anlage zur Wiederaufbereitung von Plutonium im Iran genehmigt; die hätte es dem Land ermöglicht, den Brennstoffkreislauf zu schließen, und wäre ein weiterer Schritt zum möglichen Bau einer Atombombe gewesen.

In den 1970er Jahren schlossen die US-Firmen General Electric / GE und Westinghouse Verträge zum Bau von acht Kernreaktoren mit dem Iran ab. Der Schah drohte damit, dass der Iran Atomwaffen bauen könnte - ohne irgendwelche nachteiligen Folgen, außer eini­gen Rügen aus den USA und aus Westeuropa. Im Gegensatz dazu war Chomeini über die Idee, Massenvernichtungswaffen zu benutzen, entsetzt, und lehnte es ab, im Krieg zwi­schen dem Irak und dem Iran Giftgas einzusetzen, obwohl Saddam diese Skrupel nicht hatte und häufig Senfgas und Sarin gegen die iranischen Truppen verwendete. (s. Juan Cole: Engaging the Muslim World, Verlag Palgrave Macmillan; New York, 2009)

19. Wer schrieb im Jahr 2004 folgenden Text? "Wohin auch immer US-Truppen sich begeben, sie führen immer Atomwaffen mit sich oder können sie in Kürze nachfol­gen lassen. Die Welt hat miterlebt, wie die USA den Irak angriffen - völlig grundlos, wie sich später herausstellte. Wenn die Iraner nicht versuchen würden, Atomwaffen zu bauen, wären sie doch verrückt. Obwohl der Iran von islamischen Fundamenta­listen beherrscht wird, trauen die meisten Kommentatoren, die mit dem Land ver­traut sind, seiner Regierung keine irrationalen Handlungen zu. ... Saddam Hussein hat den Iran angegriffen, nicht umgekehrt, und seither hat sich der Iran nicht ag­gressiver verhalten, als die meisten anderen Staaten. Trotz ihres ganzen Geredes über die Feindschaft mit Israel wird die iranische Führung kaum einen Atomangriff auf ein Land wagen, von dem sie weiß, dass es alles hat, was man braucht um den Iran von der Landkarte zu wischen. Auch Angriffe mit chemischen oder anderen Waffen sind wegen der zu erwartenden dürftigen Ergebnisse eher unwahrscheinlich, weil mit ziemlicher Sicherheit die Vergeltung folgen würde."

Antwort: Es war Martin van Creveld, der bedeutende Professor für Militärgeschichte und Strategie an der hebräischen Universität in Jerusalem. (Sein Artikel ist aufzurufen unter http://www.nytimes.com/2004/08/21/opinion/21iht-edcreveld_ed3_.html .)

Es sollte niemand überraschen, dass es Creveld für verständlich hält, wenn der Iran nach Atomwaffen strebt. "Seit mehr als einem halben Jahrhundert haben Großbritannien und die USA den Iran bedroht. 1953 stürzten die CIA und der (britische Geheimdienst) MI6 die demokratische Regierung von Mohammed Mossadegh, der ein glühender Nationalist war und die Meinung vertrat, das iranische Öl gehöre dem Iran. Sie inthronisierten den korrup­ten Schah und errichteten mit Hilfe ihrer monströsen Neuschöpfung, genannt SAVAK, einen der übelsten Polizeistaaten des 20. Jahrhunderts. Die Islamische Revolution von 1979 war unvermeidlich und forderte viele Opfer; aber sie war nicht monolithisch und unter dem Druck des Volkes und einer aus der Elite erwachsenden Bewegung begann sich der Iran der Außenwelt zu öffnen - obwohl er von Saddam Hussein überfallen wurde, den die USA und Großbritannien ermutigt und unterstützt hatten.

Die ganze Zeit musste der Iran mit der realen Bedrohung eines israelischen Angriffs - möglicherweise sogar mit Atomwaffen - leben, über die die 'internationale Gemeinschaft' geschwiegen hat." (s. http://www.antiwar.com/orig/pilger.php?articleid=8533 )

20. Wie viel Prozent der Iraner haben 2008 geäußert, dass sie eine schlechte Mei­nung über die USA hätten?

Antwort: 20 Prozent (s. Juan Cole: Engaging the Muslim World, Verlag Palgrave Macmil­lan; New York, 2009, S. 197)

21. Wie viel Prozent der Iraner haben 2008 negative Gefühle gegenüber der Bush­Regierung ausgedrückt?

Antwort: 75 Prozent (Juan Cole: (s. Juan Cole: Engaging the Muslim World, Verlag Pal-grave Macmillan; New York, 2009, S. 197)

Man fragt sich wie viel Prozent der Kanadier - oder der US-Amerikaner - die gleichen Ge­fühle hatten?

22. Was waren die Hauptelemente des Vorschlags, den die iranische Regierung 2003 den USA nach der Invasion des Iraks unterbreiteten, und wie haben die USA darauf reagiert?

Antwort: Die WASHINGTON POST berichtete: "Unmittelbar nach der blitzschnellen Ein­nahme Bagdads durch US-Truppen ... spuckte das Faxgerät der Nahost-Abteilung im (US-)Außenministerium ein ungewöhnliches zweiseitiges Dokument aus. Darin schlug der Iran den USA einen breiten Dialog über alle bestehenden Probleme vor - auch über eine enge Zusammenarbeit bei Atomprogrammen, die Anerkennung Israels und der Beendi­gung der iranischen Unterstützung für militante palästinensische Gruppen. Spitzenleute der Bush-Administration, die vom baldigen Zusammenbruch der iranischen Regierung überzeugt waren, gingen nicht auf das Angebot ein. Stattdessen beschwerten sie sich for­mell beim Botschafter der Schweiz, der das Fax geschickt hatte - mit einem Begleitbrief, der bestätigte, dass der Vorschlag tatsächlich aus iranischen Regierungskreisen stamm­te." (Der Arti kel ist nachzu lesen unter http://www.washingtonpost.com/wp-dyn/content/ar­ticle/2006/06/1 7/AR2006061 700727_pf.html .)

23. Wahr oder unwahr? Der Iran und die USA betrachteten nach den Anschlägen am 11.9. beide die Taliban als Feinde.

Antwort: Wahr. Ali M. Ansari, Professor für iranische Geschichte an der University of St. Andrews, schreibt dazu: "(Der damalige iranische Präsident) Khatami zögerte nach den Anschlägen am 11.9. nicht, dem US-Präsidenten sein Beileid auszudrücken. ... Die Iraner erkannten schnell die Gelegenheit, die sich ihnen jetzt bot. Die USA waren entschlossen, Al-Qaida auszuschalten und die Taliban wegen ihrer Sturheit gleich mit zu beseitigen. Nichts konnte den Iranern gelegener kommen, die seit fünf Jahren eine Art Stellvertreter­krieg gegen die Taliban führten (s. dazu http://www.focus.de/politik/ausland/iran-afghani­stan-ein-neuer-glaubenskrieg_aid_1 74002.html ). ... Die Zusammenarbeit mit den USA, die während der Vertreibung der Taliban stattfand, schien eine Periode der Entspannung zwischen dem Iran und den USA einzuleiten. ... Deshalb wirkte es wie ein Schock, dass Präsident Bush sich dazu entschlossen hatte, den Iran als Teil der 'Achse des Bösen' zu etikettieren. ... Die Hardliner des iranischen Regimes schienen Recht zu haben, den USA konnte man nicht vertrauen." (s. Ali M. Ansari: The Pahlavis and After, Second Edition, Pearson Education, Great Britain, 2007, S. 331/32)

24. Haben die USA mit der damals in Teheran angesiedelten Partei "Oberster Rat für die Islamische Revolution im Irak" vor und nach dem 2003 erfolgten Überfall auf den Irak zusammengearbeitet?

Antwort: Ja. (s. dazu http://www.truthdig.com/report/item/how_bush_created_a_theocra­cy in iraq)

Man fragt sich, was sich die Bush-Regierung dabei dachte? Muss man bei ihrem Verhal­ten nicht annehmen, dass sie gute Beziehungen mit dem Iran unterhielt und eine islami­sche Revolution (im Irak) unterstützen wollte?

2007 änderte die Partei, die eine gute Öffentlichkeitsarbeit machte, ihren Namen in "Oberster Islamischen Rat im Irak". (s. dazu http://de.wikipedia.org/wiki/Oberster_Islami­scher Rat im Irak )

25. Wer äußerte sich nach den Anschlägen am 11.9. wie folgt? "Die Iraner hatten gute Kontakte zu wichtigen Personen in Afghanistan und waren bereit, in Zusam­menarbeit mit den USA ihren Einfluss auf konstruktive Weise zu nutzen."

Antwort: Flynt Leverett, der von März 2002 bis März 2003 der leitende Direktor für Ange­legenheiten des Mittleren Ostens im U.S. National Security Council (im Nationalen Sicher­heitsrat der USA) war. Er verließ die Regierung George W. Bushs im Jahr 2003 - wegen Meinungsverschiedenheiten über die US-Politik im Mittleren Osten und die Führung des Krieges gegen den Terror. (s. http://www.antiwar.com/orig/porter.php?articleid=8590 )

26. Wer veröffentlichte im Jahr 2004 folgenden Text? "Es liegt im Interesse der USA, sich speziell um den Iran zu bemühen, um die regionale Stabilität zu fördern, den Iran davon abzubringen, sich Atomwaffen zu verschaffen, die Energieversorgung zu sichern, die terroristische Bedrohung zu reduzieren und das 'Demokratie-Defizit' ab­zubauen, das im Mittleren Osten herrscht."

Antwort: Eine Sonderkommission, die vom Council on Foreign Relations (vom Rat für auswärtige Beziehungen) finanziert wurde, der zwei angesehene Vertreter der US-Außen­politik vorsaßen: der ehemaligen CIA-Direktor Robert Gates und der ehemalige Nationale Sicherheitsberater Zbigniew Brzezinski; sie empfahlen "eine revidierte strategische Annäherung an den Iran". Aus ihrem Bericht stammt das obige Zitat. (s. http://www.nybooks.- com/articles/archives/2005/mar/24/clouds-over-iran/?pagination=false )

Jeffrey Rudolph, ein Universitätsprofessor aus Montreal, war der Vertreter Quebecs im East Timor Alert Network und legte den Vereinten Nationen einen Bericht über seine Ar­beit vor. Er verfasste auch die weit verbreitete Zusammenstellung "Kennen Sie das Quiz zum israelisch-palästinensischen Konflikt", die unter http://www.countercurrents.org/rudol­ph180608.htm aufzurufen ist. Anmerkungen oder Fragen zu beiden Texten können per E-Mail an folgende Adresse gerichtet werden: Israel-Palestine-Quiz@live.comDiese E-Mail Adresse ist gegen Spam Bots geschützt, Sie müssen Javascript aktivieren, damit Sie sie sehen können .

(Wie Professor Rudolph von seinen Studenten eingeschätzt wird, ist nachzulesen unter http://www.ratemyteachers.com/jeffrey-rudolph/137177-t. Der kompletten, durch einige Er­läuterungen in Klammern und zusätzliche Links ergänzten Übersetzung seines sehr erhel­lenden Frage- und Antwortspiels folgt sein Originaltext.)

Quelle:

http://www.countercurrents.org/rudolph240410.htm
http://www.luftpost-kl.de/luftpost-archiv/LP_10/LP11910_050510.pdf

via LINKEZEITUNG



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